Guten Tag allerseits.
Ich lese schon eine Weile im Forum, habe mich aber aktiv noch nicht beteiligt, da ich auch keine Corvette besitze oder in nächster Zeit besitzen werde. Ich möchte jedoch zu dem indirekten Thema "Porsche und Corvette" auch etwas beitragen.
Als Kind empfand ich die Corvette immer als einen der Sportwagen überhaupt. Und ich halte sie auch heute noch für wesentlich schöner als einen Porsche. Porsche erinnert mich immer an die alten Käfer und das ist ja auch gewollt irgendwie
Die Corvette in der aktuellsten Ausführung hat schon fast etwas von einem Ferrari, wenn sie rot ist und man die Frontscheinwerfer betrachtet.
Porsche ist weder schön noch hässlich. Man erkennt sofort einen Sportwagen, aber er hat auch zumindest im Falle des 911ers und generell bei den Scheinwerfern etwas total altmodisches.
Die beiden Fahrzeughersteller haben aber eine grundlegend unterschiedliche Philosophie.
Eine Corvette baut auf bewährter, alter und kostengünstiger Technik auf. Es soll ein Sportwagen sein, den man sich am ehsten leisten kann. Ein wichtiges Anliegen ist auch Auffallen. Das Auto ist groß (breit) und mächtig, aber dennoch flach und aerodynamisch geformt. Der V8 brummelt laut und ist auffällig. Und es soll ein Gefühl von purer Kraft vermitteln. Ein großvolumiger V8 schiebt ja bekanntlich bereits aus dem Drehzahlkeller an und wummert dumpf.
Porsche dagegen setzt eine völlig andere Philosophie in ihren Fahrzeugen um. Ein Porsche soll nahe der technischen Perfektion sein und einen exzellenten Sportwagen in allen Lagen darstellen, der dennoch alltagstauglich bleibt.
Der 911er ist aber leider in den letzten Jahren sehr stark davon abgewichen. Er mutiert weg vom Sportwagen eher zum GT und Cruiser ähnlich der Corvette. Image und Prestige sind ein wichtigeres Verkaufsargument für die hier betitelten Krawattenträger als das Auto, was dahintersteht. Oft sind es alte Leute, die damit ein gewisses Ansehen haben wollen. Peinlich peinlich sage ich nur
Das sind dann auch die Personen, die ihre persönliche Überlegenheit und die Überlegenheit des Fahrzeugs daran ausloten, daß sie jemanden auf einem geraden Stück Autobahn überholen
Fast keine Ahnung von der Technik aber genau den Preis von den Ausstattungen wissen. Je teurer desto besser ist das Auto natürlich.
Aus Traditionsgründen für die alten Herren muss daher auch immer der Motor ein Heckmotor bleiben und der Porsche wie ein Sport-Käfer aussehen. Auch wenn das technisch überholt ist.
Ein besseres Beispiel für Porsche stellt zur Zeit meines Erachtens nach der Cayman S dar. Hier wurde die Grundphilosophie von technischer Perfektion versucht.
Der Cayman ist um Welten mehr Sportwagen als die Corvette oder der 911. Er ist möglichst klein und leicht gehalten und hat eine optimale Auslegung.
Mittelmotor als optimale Position für den Motor für Traktion an der Hinterachse und einen günstigen Schwerpunkt. Heckmotor aus dem 911er ist nur eine alte Tradition um alte Kunden zu halten, aber sportlich schon lange überholt.
Dazu modernste Technologie an allen Ecken und am Fahrwerk.
Ergebnis ist im Vergleich zur Corvette :
Der Cayman lenkt deutlich präziser ein. Der Grenzbereich in Kurven liegt höher. Er verzögert besser. Er verhält sich sehr neutral und sehr ruhig und stabil in Kurven. Im Prinzip ist er in jedem einzelnen Bereich der für den Motorsport wichtig ist dem 911 und der Corvette voraus im Verhältnis zu seiner Leistung. Mit nur 295 PS kann er beiden das Leben auf einer Rennstrecke schwer machen.
Auf dem Hockenheimring muss sich die über 400 PS Corvette schon sehr ins Zeug legen und der Fahrer viel mehr mit dem Auto kämpfen um den Cayman hinter sich zu halten oder ihm wegzufahren.
Generell erfordert die Corvette am Grenzbereich um schnell zu sein deutlich mehr können und Anstrengungen. Mit einem Cayman oder Boxster fährt auch ein ungeübter Fahrer bereits astreine Rennlinien.
Auf der Nordschleife fährt der Cayman der normalen C6 wohl weg. Hier machen sich z.B. die Blattfedern (ich rede hier erstmal nur von der C6) bemerkbar, die unter ebenen Bedingungen wie auf dem Hockenheimring genauso gut funktionieren wie moderne Fahrzeugtechnologie, dabei leichter und wartungsfreundlicher sind. Aber sobald es uneben wird wie auf der Nordschleife oder fast jeder deutschen Landstraße mit kleinen Schlaglöchern spielen sich die Vorteile moderner Technik aus.
Nun weit genug abgeschweift
Was ich nur sagen will ist, daß die Grundphilosophie der beiden völlig verschieden ist. Ein Porsche ist lange nicht so aufdringlich. Man kann auffallen wenn man will (nämlich, wenn man den Motor mal dreht und der Klang auftaucht). Man kann aber auch völlig unbeachtet dahingleiten und unauffällig und diskret irgendwo parken. Mit einer Corvette dagegen steht man immer im Mittelpunkt. Ob gewollt oder nicht. Sie ist gewissermaßen ebenso ein Showcar wie ein Lamborghini oder Ferrari.
Beim Preis machen sich die Philosophien auch bemerkbar. Beim 911er läßt man sich gute Qualität, gute Technik, aber vor allem auch ein gutes Stück Ruf bezahlen. Nicht so schlimm wie bei den Italienern, aber es ist schon ein guter Rufaufschlag dabei. Dieser ist beim Cayman oder Boxster jedoch schon sehr gering. Die kriegt man zum gleichen Preis wie die Corvette ca.
Im Vergleich zur Corvette kann man auf den prolligen und kindischen Wettbewerben von Leuten, die ihr können nicht auf der Rennstrecke, sondern auf einer Geraden (sprich Autobahn) messen keinen Stich landen. Sobald es aber um Sportlichkeit und Kurven geht zeigt ein echter Porsche (und dazu zähle ich Cayman und Boxster mehr als den 911er) dann, wo die Vorteile der feineren und neueren Technik liegen.
Die Corvette stellt für mich einen merkwürdigen Kompromiss zwischen 2 Extremen dar. Auf der einen Seite haben wir ein sporttechnisch nahezu perfektes Auto wie den Cayman, der aber im Gegensatz zu einer Elise z.B. noch alltagstauglich bleibt. Auf der anderen Seite haben wir die Philosophie von z.B. Mercedes-Benz. Sportwagen heisst für sie : Eine windschnittige Karosserie und soviel Leistung, daß man auf der Autobahn alles abhängt. Gewicht spielt keine Rolle und Fahrgefühl auch nicht. Wer Mercedes fährt will gefahren werden und nicht fahren. Darum gibt es für die starken Motoren auch nur noch Automatik, damit der alte Sack, der aus Imagegründen mal einen "Sportwagen" hat nicht überfordert wird.
Die Corvette bietet da einen seltsamen Zwischenschritt. Auf der einen Seite ist sie noch recht leicht gehalten und bietet auch fahrdynamisch in Kurven noch eine angemessen Leistung. Gleichzeitig aber wird sie oft mit einer uralten Automatiktechnologie und mehr als Cruiser angeboten.
Fazit von mir : Subjektiv muss sowieso jeder für sich entscheiden. Aber objektiv bietet Porsche in meinen Augen den besseren Sportwagen hinsichtlich Effizienz. Es geht nicht darum am meisten Leistung zu haben um auf den Geraden zu brillieren, sondern am meisten Sport aus der Leistung die man hat rauszuholen. Auch 295 PS auf knapp 1400 kg reichen völlig aus für den Alltag und für Geradensprints auf Rennstrecken. Man braucht auch keinen riesigen und schweren V8 vorne mit Automatik um schnell zu sein. Ein leichter, schön drehender Motor mit einem Fahrer, der auch sportlich fahren kann holt auch aus einem 6 Zylinder Boxer das optimale raus.
Wer sich also wirklich mit dem Thema "Wie fahre ich selbst sportlich Auto" auseinander setzt und mit Begriffen wie "Zwischengas" nicht auf dem Gas bleiben beim Hochschalten versteht, wird in vielen Fällen mit dem Porsche mehr Freude haben. Man merkt eben die Straße perfekt, er lenkt agil und absolut präzise ein, die Schaltung flutscht weich und exakt in die vorgesehenen Gänge und die Gasannahme ist verzögerungsfrei und seidenweich. Der Motor ist eher Wein als Vodka. Will sagen er haut einem nicht ins Kreuz, sondern beherrscht beides. Untenrum kann man ihn absolut laufruhig und elegant fahren (Boxer ist sowieso die laufruhigste Motorbauweise), man kann ihm aber auch Feuer unter dem Hintern machen und ihn hochdrehen und dann dort durch Schalten (das ist eben der Sport dahinter ... das selbst fahren) im oberen Drehzahlbereich halten.
Die Corvette mit V8 ist eher der ordinäre auffällige Muskelprotz. Alles mit roher Gewalt. Man kann entweder die rohe Kraft genießen und niedertourig brummend über die Autobahn "cruisen" oder auffällig und laut die Sau rauslassen. Elegant wird man damit aber nie wirken. Eben eher wie Bier oder Vodka. Birne weg, Durst löschen. Aber kein Genuß wie Champagner oder Wein, mit dem man sich auch die Birne wegsaufen kann
Preis spielt natürlich eine Rolle. Zuverlässigkeit stellen wir mal dahin. Beides kann zuverlässig sein. In diversen Porscheforen liest man eigentlich sehr selten von Problemen. Angeblich sind 90% aller je produzierten Porsche auch noch im "Einsatz". Und soweit ich weiß bietet Porsche eine unendliche Garantieverlängerung für jeweils 1000€ im Jahr an. Wären sie so unzuverlässig käme das Porsche irgendwann teuer zu stehen
Aus Beobachtungen in den Foren kann ich nur schließen, daß die allermeisten sehr zufrieden sind und wenig Fehler auftauchen. Montagsautos und Probleme gibt es natürlich bei jedem Auto ... auch bei einem Porsche eventuell.
Die Corvette wiederum kann genauso zuverlässig sein, da sie eben auf bewährte und einfache Technik setzt.
Aber in punkto Qualität und Innenraum wird wohl kaum einer die Corvette als Konkurrenz zu einem Porsche sehen. Da sieht man wo das Geld im Porsche u.A. hinwandert.
Nun lange genug. Meine Ansicht zu den Dingen. Im Prinzip muss jeder für sich entscheiden. Da mir aber Image und Ansehen genauso am Arsch vorbeigehen wie Leute, die mich nach dem Auto bewerten, aus dem ich aussteige und mir die Freude am Fahren und Perfektion des Fahrzeugs mehr reizen, als das optische würde ich zur Zeit lieber zum Porsche greifen. Und zwar zum Cayman, der auch nicht wirklich deutlich teurer als eine Corvette ist. (wenn sowieso neu)
Wer dagegen das Auto eher als Schönheitsobjekt sieht und wem es wichtig ist aufzufallen und "den Dicken" zu machen. Und zwar immer. Dem kann ich die Corvette deutlich eher empfehlen. Sie sieht schöner aus und fällt viel mehr auf. Allerdings fährt sie sich eben für Fahrfreudige nicht so "schön" und perfektionistisch wie ein Porsche ...
Moralisch gesehen könnte man sich noch fragen, ob man lieber die deutsche Industrie oder lieber die amerikanische Industrie unterstützt. Aber das nur nebenbei
EDIT: Die Z06 wird noch zeigen was sie kann. Prinzipiell wird aber viel einfach nur über die Leistung gerichtet. Preis/Leistungstechnisch ist sie natürlich eine Wucht ...