Was von vorneherein klar war, war die Tatsache, dass der Einlasskanal der Primärstufe (der also immer offen ist) ein sogenannter Drall-Kanal (wie bei einem 2-Ventil-Motor) und der Sekundärkanal ein Tumble-Kanal (wie es jeder 4-Zylinder-Motor hat). Zur Erklärung: bei einem Drall-Kanal macht der Kanal kurz vor dem Ventilsitzring eine Kurve, die Strömung tritt spiralförmig um die Hochachse in den Zylinder ein (auf Deutsch: sie fährt Karussell im Zylinder). Das ist die innere Gemischbildung bei einem 2-Ventil-Motor. Bei einem Tumble-Kanal (bei einem 4-Ventil-Motor sind es ja dann kurz vor dem Ventilsitzring 2 getrennte, parallele, gerade Kanäle) tritt die Strömung mit einer Walzenbewegung (engl. to tumble = hineinfallen) in den Zylinder ein, d.h. sie rotiert also um eine Querachse im Zylinder. Ein 2-Ventil-Motor hat aufgrund der Drallbewegung im unteren Drehzahlbereich eine gute Füllung, ein 4-Ventil-Motor eher im oberen Drehzahlbereich, deswegen machen die Dinger ja auch erst ab 4000 U/min Spaß (aber dann auch gewaltig!). Das Problem hierbei beim LT-5 ist also aus Sicht der inneren Gemischbildung im Zylinder die seltsame Kombination aus Drall- und Tumble-Kanälen in den Köpfen, heißt wiederum auf Deutsch: das in den Zylinder einströmende Gemisch verwirbelt sich bei „full engine power“ nicht strömungstechnisch definiert und optimal, sondern irgendwie kreuz und quer...keine gute Grundlage für Leistung. Deswegen war bei der Kopfbearbeitung ganz wichtig, da ja die Klappen aus den Köpfen entfernt worden waren und somit alle Kanäle immer offen sind, dass die Drall-Kanäle in Tumble-Kanäle umgearbeitet werden um beim Einströmen in die Zylinder immer eine saubere Tumble-Bewegung zu haben...wie es sich für einen richtigen 4-Ventil-Motor gehört. Klar sind an den Wänden der Gaskanäle überall Gusskanten und Knubbel vorhanden, genauso Fertigungskanten im Bereich der Ventilsitzringe. Diese wurden bei der Bearbeitung entfernt, auslassseitig war der Kanalgrund dort, wo die beiden getrennten Kanalbereiche zusammenlaufen, viel zu eng, dort konnte einiges vergrößert werden. Zunächst wurden erst einmal die Kanäle des Zylinders den wir vermessen hatten grob in Form gebracht, und es stellte sich auf der Fliesbank genau das heraus, was wir erwartet haben: eine deutliche Verbesserung des alpha k–Wertes. Ein Versuch mit der Verringerung des original größeren Querschnitts der ersten 4 cm im Sekundärkanal (einlassseitig), wo sich vorher die Klappen bewegt haben, brachte keine Verbesserung, ansonsten hätten wir dort Buchsen zur Querschnittsangleichung eingesetzt. Soweit so gut, also wurden nun alle Kanäle so bearbeitet und umgestaltet wie die „Versuchskanäle“, schön erweitert und geglättet, die Auslassseite poliert. Das Ergebnis der Untersuchung der fertig bearbeiteten Köpfe konnte sich sehen lassen: der alpha k-Wert einlassseitig lag nun bei 0,188 und bei der Auslassseite bei 0,135. Das ergibt eine Füllungsverbesserung einlassseitig von satten 17,5% und auf der Auslassseite immerhin 9,76%...schön, nun konnten wir uns dem nächsten Teil des Saugsystems widmen, den Injector-Housings (die Brücken-Teile, in denen die Einspritzdüsen sitzen). Das, je länger man einen Strömungskanal gestaltet die Strömungsverluste zunehmen (Wandreibungsverlust und Krümmungsverluste), wird jeder verstehen, da würde auch der LT-5 keine Ausnahme machen. Das, wenn man also die Injector-Housings an die Köpfe schraubt und beides zusammen auf der Fliesbank vermisst, das der alpha-k Wert wieder sinken würde, war uns klar. Überrascht waren wir wohl, als wir nach der Messung mit fertig bearbeitetem Kopf und Injector-Housing im Originalzustand fast wieder da waren, wo wir am Anfang waren: der einlassseitige alpha k-Wert war fast wieder da, wo er bei der Basisvermessung war. Das heißt auf Deutsch, die unbearbeiteten Injector-Housings reduzierten die gesamten Verbesserungen, die einlassseitig an den Köpfen vorgenommen wurden quasi auf null. Was machen die erst an einem originalen Motor??? Sie „kastrieren“ den Motor ohne Ende und „schnüren ihm die Luft ab“.
Der Grund dafür ist eine extreme Verengung der Kanäle in den Injector-Housings auf halben Wege, speziell dort, wo sich die Wulst für die Bohrung der Einspritzdüse befindet, da diese dort tief in den Kanal ragt (ist bei den Motoren von 93-95 wohl nicht ganz so extrem). Ganz wegarbeiten kann man diese Verengungen nicht, aber wir haben bei der Bearbeitung unser Bestes getan. Das Ergebnis auf der Fließbank war interessant: der alpha k-Wert bei 12 mm Ventilhub war zwar etwas niedriger (wie erwartet), aber im Ventilhub-Bereich von 3 bis 5 mm war sogar trotz angebautem Injector-Housing eine leichte Verbesserung beim alpha-k zu verzeichnen (...was macht dann erst eine Einzeldrossel mit der Füllung? Das wäre der Hammer!!!) Zu guter letzt wurden noch das Plenum, so weit es ging, bearbeitet und vom Durchmesser her zum Injector-Housing angepasst, ebenso die Headers an die Auslassseite der Köpfe. Ein kleines Geheimnis gibt es noch bearbeitungstechnisch in Bezug auf die Auslasskanäle und deren Vergrößerung. Es war nur eine kleine Ursache aber mit großer Wirkung. Wir sind selber darauf gekommen, aber Sam bestätigte das von seinen Erfahrungen her. Ich habe ihm versprochen, es nicht zu verraten, deshalb mache ich das auch nicht.
Beim nun folgenden Fertigstellen der Köpfe wurden die originalen Grauguss-Ventilführungen, die zum Bearbeiten der Kanäle ausgepresst wurden und auslassseitig im 90er Jahrgang auch keine Ventilschaftabdichtungen besaßen, gegen neue Bronze-Führungen mit Ventilschaftabdichtungen getauscht, einlassseitig darüber hinaus noch um 5 mm gekürzt. Die Ventilsitze wurden einlass- und auslassseitig auf 3-Angle-Sitz umgefräst, original ist jeweils immer nur eine Fase vorhanden (auch strömungstechnisch von Nachteil). Ich habe die Verdichtung auf 11:1 belassen, d.h. die Köpfe wurden nur minimal sauber abgeplant. Die Ventile wurden alle glasperl-gestrahlt und neu geschliffen.
Ein Traum, solche Maschinen zur Verfügung zu haben
Tolle Doku, sehr interessant zu lesen! Die Auslasskanäle haben schöne Abrisskanten bekommen, war bestimmt nicht einfach die da reinzufräsen. Gibt es davon auch ein vorher Bild?
Schade, dass es noch keine Leistungsdaten gibt. Mich würde besonders interessieren, ob das Drehmoment nun schon vorher anliegt.
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An der Auslaßseite haben wir einen Menge weggefräst, Originalton meines Arbeitskollegen, der warscheinlich schon seit 100 Jahren bei uns im Betrieb die Köpfe bearbeitet, nach einem kurzen Blick in die Kanäle: "...sind genauso scheiße wie die von Lamborgini, die kastrieren den Motor". Das habe ich ja oben auch beschrieben.
Zur Leistungsmessung komme ich später noch, aber ich war nicht nur einmal aufm Prüfstand. Die Software ist immer noch ein Problem, aber wie gesagt, kommt alles noch. Vielleicht hat ja dann von euch jemand eine Lösung parat...wäre schön.