14.07.2002, 13:07
Zitat:Original von speutz
[..]Interessen des Einzelnen, [..] über die Interessen von zehntausenden gestellt werden[...]
Hallo Reiner,
das hast Du gleichermaßen richtig wie auch zurückhaltend formuliert.
Es ist aber viel schlimmer. Interessen Einzelner werden in aller Regel dann problemlos gewahrt, wenn die dem entgegenstehenden Interessen "minderwertiger" Natur sind.
Soll im Umkehrschluß heißen: Selbst so unstrittige Interessen wie (Nacht-) Ruhe, körperliche oder geistige Unversehrtheit - auch von tausenden Betroffenen, beileibe nicht nur von einzelnen Personen - werden problemlos ignoriert und mit Fußen getreten, wenn es um wirtschaftliche Interessen, Geld, oder einfach Macht geht.
Beispiele: Flughafenerweiterung Frankfurt, kommende Aufhebung des Sonntagsfahrverbots auf deutschen Straßen, Tiefflüge und Manöver aller Art, um nur einige der größten Hämmer zu nennen. Im kleinen, kommunalen Bereich läuft es ganz ähnlich.
Wie Du richtig schreibst, müssen "Rechte des Einzelnen geschützt werden". Andererseits gilt auch der Grundsatz "Gemeinwohl geht vor Einzelinteresse". Hier die Abwägung im Einzelfall zu treffen, ist der Spielraum, das Ermessen der jeweils handelnden Personen in Politik, Verwaltung und Justiz. Und hier in genug Raum für persönliche Vorlieben bzw. Antipathien.
Anspruch auf was-auch immer zu stellen, ist seit Jahren die Lieblingsbeschäftigung weiter Teile der deutschen Bevölkerung, nachdem die Politik und große gesellschaftliche Interessengruppen sich seit langem beim Erfinden immer neuer Ansprüche überbieten, mit denen die Leute beglückt werden könnten.
Ob im Gesundheitswesen, bei der aktuellen Arbeitsmarktdiskussion, in Familienfragen - überall steht zuerst der Anspruch, dann kommt lange nix und dann erst fragen die sich "Deppen", die letztlich die Ansprüche finanzieren oder anderweitig erfüllen müssen, wie sie zu der unverdienten Ehre kommen.
Und so bleibt es nicht aus, daß der (vermeintliche) Anspruch eines körperlich unversehrten Pedaltreters auf optimale Routenführung seines Freizeit-Parcours schwerer wiegt als das Interesse tausender anderer Steuerzahler, einmal im Jahr für 2 Tage ein kleines Fest zu feiern, das sonst niemanden beeinträchtigt.
Das hat mit "Demokratie" schon lange nicht mehr zu tun und ist für mich nur noch Ausdruck einer arroganten, evtl. wie Du schreibst, auch asozialen Geisteshaltung.
Sobald Ansprüche eröffnet werden, hat Toleranz keinen Platz mehr.
Sers
Herb
Hubraum statt Wohnraum